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Meine Krankheit

Ich leide an einer Vaskulitis, das ist eine rheumatische Erkrankung. Es gibt verschiedene Arten dieser Vaskulitis, bei mir ist es das Churg-Strauss-Syndrom. Auf die Krankheit selbst möchte ich nicht näher eingehen, wer möchte, kann sie im Internet nachlesen.

Den Ausbruch dieser Krankheit kann ich nicht genau bestimmen, nur das erste Symptom, ein Druckschmerz unter dem rechten Fuß Die schmerzende Stelle war kurz hinter den Zehen und ungefähr so groß wie eine 2 Euro Münze. Es war nichts zu sehen, keine Rötung oder sonstige Veränderung. Es tat nur weh. Mit der Zeit verschwand der Schmerz.

Dann tat meine Schulter weh, die linke. Gut, dachte ich, Zerrung oder Muskelkater. Auch dieser Schmerz verschwand. Mein Knie tat weh und wurde dick. Der Arzt meinte, es sei eine Überlastung und verschrieb mir eine Salbe. Nach dem Knie ging der Schmerz in die Füße über, sie schwollen an, besonders der rechte Fußrücken war sehr druckempfindlich, ich konnte keine Schuhe tragen und nur sehr schlecht laufen..

Ich bekam Schmerzmittel und, weil der Arzt Rheuma vermutete, ein entzündungshemmendes Medikament. Aber es wurde nicht besser, sondern schlimmer. Die Schmerzen sprangen von einem Gelenk zum anderen und wurden immer schlimmer. Meine Haut veränderte sich, an Armen und Beinen bildeten sich rote Flecken.

Zuerst vermutete der Arzt eine allergische Reaktion auf ein Medikament, aber als sich an meinen Fingergelenken Blutungen zeigten, verwarf er diesen Gedanken und bezeichnete die roten Punkte auf meiner Haut als Mikroblutungen. Mein Hausarzt war mit seinem Latein am Ende und überwies mich an einen Internisten. Aber auch der konnte nicht feststellen, was mir fehlte, nur ein neues Symptom kam hinzu, eine Auffälligkeit im linken Lungenflügel.

Mein Allgemeinzustand war zu diesem Zeitpunkt schon so schlecht, dass ich ins Krankenhaus überwiesen wurde. Im Krankenhaus wurde ich praktisch auf "Links"gedreht, es gab keine Untersuchung, die nicht gemacht wurde, CT, MRT, Darmspiegelung, Knochenmarkpunktion, Lungenfunktionstest und Blutuntersuchungen, immer wieder wurde mein Blut kontrolliert, mal nüchtern, mal abends, mal tagsüber und mal nachts.

Mein Allgemeinzustand verschlechterte sich. Meine Fußrücken hatten offene Stellen und ich hatte sehr starke Schmerzen. Einmal waren sie so stark, dass meine Bettnachbarn die Nachtschwester holten, weil ich im Schlaf laut vor Schmerzen stöhnte. Diese musste mich erst wecken, um mir die Medizin zu geben.

Trotzdem wusste niemand, was ich hatte, ich wurde praktisch gegen alles behandelt. Mein Tablettenkonsum war enorm, bis zu 23 Tabletten am Tag. Am liebsten nahm ich die kleinen hellblauen Schmerztabletten, das war ein sehr starkes Schmerzmittel, wenn ich die nahm, ging es mir eine Zeit lang gut.

Schließlich wurde doch etwas gefunden, der Name Morbus Wegener fiel und der Oberbegriff Vaskulitis. Ich bekam hohe Dosen Kortison, weil diese Vaskulitis eine Autoimmunerkrankung ist und Kortison das Immunsystem beeinflusst.

Die Symptome gingen auch zurück, aber auf Dauer ist Kortison nicht das Mittel der Wahl, schon gar nicht in der Dosierung, die ich bekam. Ein Arzt sagte mir, dass ich mit dieser Krankheit noch eine Lebenserwartung von 5 Jahren hätte, das war im Jahr 2003. Der Arzt hat sich ein wenig verrechnet.

Die Diagnose lautete immer noch Morbus Wegener. Das ist die aggressivste Form der Vaskulitiden. Zur weiteren Abklärung wurde ich in eine Rheumaklinik nach Bad Bramstedt überwiesen. Lustig am Rande war die Fahrt dorthin, ich war nicht mehr bettlägerig, so konnte ich mit dem Taxi fahren. Als ich dann in diesem Taxi saß und wir die Autobahn erreichten, fragte mich der Taxifahrer, wie er denn nach Bad Bramstedt käme! Zum Glück war ich lange Zeit auf Montage und kannte mich in der Gegend aus, so dass ich ihm den Weg zeigen konnte. Das war schon lustig.

In Bad Bramstedt, das ist übrigens eine sehr gute Klinik, stellte sich dann heraus, dass ich das Churg-Strauss-Syndrom habe. Das wurde durch Blutuntersuchungen festgestellt, ich war fast ein halbes Jahr im Krankenhaus, ich glaube ich habe in der Zeit bestimmt einen Liter Blut verloren. Im Blut wurden so genannte Tumormarker gefunden, das klingt jetzt erschreckend, ist es aber in meinem Fall nicht. Diese Tumormarker in Verbindung mit einer starken Vermehrung der eosinophilen Granulozyten sind typische Anzeichen für das Churg-Strauss-Syndrom.

Als Medikamente wurden mir Cortison und Methotrexat (MTX) verabreicht, die ich auch 2014 noch einnehme. Leider habe ich eine Abneigung gegen MTX entwickelt. Am Anfang war das nicht so. Das Mittel wurde intravenös gespritzt und ich habe es gut vertragen, aber dann hat sich der Ekel entwickelt und mir wurde schlecht. Dagegen half kein Mittel. Vom Rheumatologen bekam ich die Erlaubnis, mir das Mittel selbst subkutan, also ins Fettgewebe, zu spritzen. Der wöchentliche Arztbesuch fiel weg, aber die Übelkeit blieb.

Mein Leben ging trotz der Krankheit weiter, ich hatte keine Einschränkungen in der Lebensqualität. Das Einzige war die ständige Kortisongabe, davon wird man dick und bekommt das typische Kortisongesicht. Nach ca. 5 Jahren, 2008, ging es mit mir bergab, an die Prognose des Arztes habe ich zu diesem Zeitpunkt nicht gedacht.

Ich spürte, dass ich immer schwächer wurde. In meinem Blut konnte man nichts feststellen, aber als meine Lunge geröntgt wurde, sah man, dass dort etwas wuchs. Vom Internisten wurde ich zum Onkologen überwiesen, ich weiß noch den Tag, ein Freitag, am Montag war ich wieder im Krankenhaus. Es sollte eine Bronchoskopie gemacht werden und gleichzeitig eine Biopsie des Gewebes in meiner Lunge.

Die Untersuchung war einerseits ein Erfolg, andererseits ein Misserfolg. Außerdem bekam ich eine Rippenfellentzündung, hatte 40 Grad Fieber und starke Schmerzen. Erfolg und Misserfolg waren, es wurde festgestellt, was ich hatte, eine verkapselte Entzündung. Das war der Erfolg, der Misserfolg war, ich musste unters Messer. O-Ton des Internisten: "Wir kommen hier nicht weiter, jetzt sind die Handwerker dran".

Die Operation dauerte ca. 6 Stunden, der linke Lungenflügel wurde komplett entfernt. Die nächsten 2 Tage fehlen mir, ich erinnere mich nur an ein paar Highlights, den Besuch meiner Frau und dass ich zum Röntgen geschleift wurde. Nach der Operation hatte ich starke Schmerzen, aber zum Glück auch eine Pumpe, mit der ich mir die Schmerzmittel selbst dosieren konnte. Im Krankenhaus habe ich schon Büsche und Bäume an der Decke wachsen sehen. Das Atmen fiel mir schwer und ich konnte tagelang nur auf dem Rücken liegen.

Die erste Nacht ohne Sauerstoff unter der Nase war auch sehr schlimm, ich konnte nicht einschlafen, dachte immer, ich würde ersticken. Aber als ich die erste Nacht überstanden hatte, wurde es besser. Was mich sehr störte, war eine Lähmung der Stimmbänder, ich sprach wie der Pate, nur noch leiser. Es gab keine Prognose, wann es besser werden würde, die Ärzte sprachen meistens davon, dass die Stimmbänder durch den Tubus bei der Operation gereizt wurden, oder dass der Nerv, der die Stimmbänder steuert, durch die Operation "geärgert" wurde und dass es von selbst besser werden müsse oder auch nicht.

Ach ja, ganz nebenbei wurde auch noch ein persistierender Ductus arteriosus Botalli entdeckt und verschlossen. Dieser Ductus ist ein Herzfehler, eine Öffnung zwischen der Hauptschlagader und der Lungenschlagader.

Im Juni kam ich ins Krankenhaus, im August zur Reha nach Bad Rothenfelde und im September wieder ins Krankenhaus. Mein Bauchnabel hatte sich entzündet und diese Entzündung konnte man nicht in den Griff bekommen. Die letzte Möglichkeit war eine operative Entfernung des Nabels und des umliegenden Gewebes.




Aktualisierung 2016:

Anfang 2016 wurde ich sehr krank. Es begann harmlos, ich bekam Kopfschmerzen. Es war immer ein linksseitiger Schmerz, nicht direkt im Kopf, sondern mehr im Schläfenbereich. Ich habe dann selbst vermutet, dass es eine Entzündung der Nasennebenhöhlen ist, zumal der Arzt eine leichte Schwellung der linken Gesichtshälfte festgestellt hat. Ich bekam Antibiotika.

Das half nicht, die Schmerzen blieben, mehr noch, sie wurden schlimmer.

Untersuchungen wurden gemacht. CT und MRT, alles ohne Befund, aber die Schmerzen waren so stark, dass ich nicht mehr schlafen konnte.

Zwei Monate hielt ich es aus, dann wurde es zu viel. Am Freitag vor Pfingsten 2016 wurde ich ins Krankenhaus eingewiesen. Dort bekam ich als erstes eine Schmerztherapie, die auch gut anschlug. Die Schmerzen wurden weniger, ich leider auch. Mein Zustand wurde von Tag zu Tag schlechter. Meine Entzündungswerte schossen in die Höhe und meine eosinophilen Granulozyten gingen durch die Decke.

Den Ärzten wurde es zu heikel, sie verlegten mich auf die Intensivstation. Zur Erklärung: Ich habe nur noch einen Lungenflügel. Der linke wurde mir 2008 abgenommen. Im linken Lungenflügel hatte sich eine Entzündung eingekapselt, ein Tumor gebildet, der zwar gutartig war, aber nicht dorthin gehörte. Dieser Tumor war zu groß, um ihn zu entfernen, also wurde der gesamte linke Lungenflügel entfernt. Leider hat sich auch im verbliebenen Lungenflügel eine solche Geschwulst gebildet.

Die eosinophilen Granulozyten sind ein Marker dafür, dass die Vaskulitis wieder aufgeflammt ist, und die Entzündungswerte zeigten an, dass ich eine Lungenentzündung hatte. Ich konnte kaum noch atmen, war ständig unter Sauerstoff und verlor an Gewicht.

Trotzdem habe ich mich im Krankenhaus gut aufgehoben gefühlt und bin dem Personal, den Schwestern, Pflegern und Ärzten sehr dankbar, dass sie sich so sehr um mich bemüht haben.


Ich habe viel über das Sterben nachgedacht. Es ist nicht schwer zu sterben, man muss sich nur entspannen und sanft hinübergleiten. Ich war fast so weit, aber dann gab es Probleme mit der Bank. Es klingt verrückt, aber es war wirklich so. Ich hatte ein bisschen Erspartes und niemanden, der mir das Geld hätte geben können. Das war der Auslöser, dass ich weiterleben wollte, zumindest noch ein paar Jahre. Die Ärzte taten den Rest, ich bekam Cortison. Eine Dosis von 1000 mg am ersten Tag und 500 mg am nächsten. Das hat die Vaskulitis in Schach gehalten. Die Lungenentzündung wurde mit starken Antibiotika bekämpft und ich bekam ein Beatmungsgerät.

All das schlug an. Mein Zustand verbesserte sich, langsam zwar, aber ich machte Fortschritte.

Tagelang aß ich kaum etwas, nur Kompott. Zum Stuhlgang musste ich auf die Toilette. Etwas, das ich überhaupt nicht mag. Auch hier bin ich dem Personal zu großem Dank verpflichtet, sie haben sich rührend um mich gekümmert, mich gesäubert und gewaschen und so dafür gesorgt, dass ich diese Zeilen schreiben kann. Ich erinnere mich, dass ich nicht auf den Schieber wollte, ich wollte den Toilettenstuhl benutzen. Der Pfleger, der gerade Dienst hatte, hatte auch nichts dagegen, fand es sogar gut. Ich schaffte es gerade so vom Bett auf den Stuhl, aber als ich den umgekehrten Weg nehmen wollte, bin ich fast zusammengebrochen. Mit Ach und Krach kam ich wieder auf die Beine und war trotz allem sehr stolz auf mich, denn zwei Tage zuvor konnte ich mich kaum im Bett umdrehen.


Nach ein paar Tagen war ich so weit bei Kräften, dass ich in eine Lungenklinik verlegt werden konnte. Bei Kräften heißt aber nicht, dass ich laufen konnte, daran war noch nicht zu denken. Es dauerte zwei Wochen bis ich ohne Hilfe stehen konnte. Als mir einmal eine Tablette auf den Boden fiel und ich sie aufheben wollte, konnte ich nicht alleine aufstehen. Eine Krankenschwester musste mir aufhelfen, hat natürlich mit mir geschimpft. Ich habe weiter gekämpft, die ersten Schritte waren sehr schwer, das erste Mal Haare waschen war schwer. Beim ersten Duschen habe ich vorher gesagt, dass ich vielleicht Hilfe brauche. Es ging ohne Hilfe.


Jetzt geht alles etwas langsamer, aber ich lebe noch, ich kann noch arbeiten, ich kann noch für mich selbst sorgen und ich kann trotz meiner Situation mein Leben genießen.


Aktualisierung 01.02.2021:

Ich habe eine sogenannte Kopfrose bekommen. Genauer gesagt einen Herpes Zoster im Gesicht. Im Volksmund wird diese Krankheit Gürtelrose genannt.

Zur Information. Eine Gürtelrose kann jeder bekommen, der schon einmal Windpocken hatte. Die Viren, die diese Krankheit auslösen, verschwinden nicht aus dem Körper, sondern "verstecken" sich im Rückenmark und warten dort auf ihre Chance. Wenn das Immunsystem schwächelt oder der Körper anderweitig geschwächt ist, schlagen die Viren zu.

Es bildet sich ein rötliche Ausschlag bei besonders ausgeprägten Erscheinungsformen von der Wirbelsäule ausgehend halbseitig oder ganz gürtelförmig um den Körper schlingt und dort eine Wundrose hervorruft. Dabei ist Wundrose ein altertümlicher Ausdruck für eine akute, lokal begrenzte Hautentzündung, der oft undifferenziert für verschiedene Krankheitsbilder unterschiedlicher Ursachen verwendet wurde. Quelle: Wikipedida.

Ich habe jeden Tag ein Foto von meinem Gesicht gemacht. Ich wollte dokumentieren, wie sich alles entwickelt, sonst bin ich nicht so ein Bilderfreak, aber hier schien es mir angebracht. Die Bilder sind teilweise ziemlich gruselig, wer das nicht ertragen kann, sollte sie sich nicht ansehen.


Hier geht es zu den Bildern:

und denkt daran, ich habe euch gewarnt